„Eine Kirche ist nicht schon dann eine Kirche, wenn sie fertig gestellt und eingeweiht ist. Eine Kirche wird eine Kirche mit jedem Kind, das darin getauft ist; mit jedem Gebet, das darin gesprochen wird, und mit jedem Toten, der darin beweint wird. Sie ist kein Kraftort, aber sie wird ein Kraftort, indem sie Menschen heiligen mit ihren Tränen und mit ihrem Jubel. Ich muss im heiligen Raum nicht eloquent sein. Ich muss mir nicht in Dauerreflexion und Dauerberedung sagen, wer ich bin; was der Sinn und das Ziel des Lebens und des Sterbens ist. Der Raum redet zu mir und erzählt mir die Geschichte und die Hoffnung meiner Toten und lebenden Geschwister. Und so baut er an meinen Wünschen und an meinen Lebensvisionen.
Eine Kirche ist der fremde Raum, nur in der Fremde kann ich mich erkennen. Der Raum erbaut mich, insofern er anders ist als die Räume, in denen ich wohne, arbeite und esse.
Eine Kirche ist ein Raum des Hörens. Über weite Strecken im Gottesdienst hören wir zu. Wir hören die Orgel, wir hören die Geschichten, wir hören die Predigt. Ein guter Raum verhilft zu einer anderen Weise des Hörens, als wir es aus einem Vortragssaal gewohnt sind. Das Hören ist meditativer.
Die Kirche soll nicht nur im öffentlichen Stadtbild erkennbar sein, sie soll die Öffentlichkeit der Stadt in sich selber aufnehmen und sie verwandeln – die Leiden einer Stadt, die großen Fragen einer Stadt, den Diskurs einer Stadt, das Gewissen einer Stadt… Eine Kirche verengt, wenn sie nur Ort des Gottesdienstes ist, und das sonntags von 10 bis 11 Uhr.